Satire-Zipfel

22. März 2009 | Von | Kategorie: Mikroskop

 

Jahrzehntelang war  der  „Scheibenwischer“, Dieter Hildebrandts Kind,  eine Institution bei der ARD.  Gewiss, es gab auch mal eine schwächere Ausgabe, aber insgesamt war  der „Scheibenwischer“  doch ein Hochgenuss. Das lag nicht nur an Hildebrandts  bissigem Humor, der zumeist eine starke Botschaft hatte,  sondern auch an  denen, die sich  im Laufe der Zeit dauerhaft zu ihm gesellten –   dem  eher milden  Spaßvogel Bruno Jonas,  dem genialen Parodisten Mathias Richling, und  Georg Schramm, dessen Markenzeichen die bisweilen gezielt humorlose,  aber umso  mächtigere und überzeugendere Attacke war.

 

Vor sechs Jahren stieg  Dieter Hildebrandt aus, und seitdem ging es mit dem Scheibenwischer bergab – langsam zunächst, da der Biss des intelligenten  und äußerst gebildeten Georg Schramm  die entstandene Lücke zunächst einigermaßen überbrückte. Als aber auch der im Jahr 2006 aufgrund „konzeptioneller“ Meinungsverschiedenheiten die Segel strich,  wurde es eng.  Der  als Ersatz gewonnene Richard Rogler  konnte  Schramms Fortgang nicht ausgleichen  und schied schon zwei Jahre später aus. Schließlich machte sich auch Bruno Jonas davon, und  plötzlich war   Mathias Richling der  anchorman des Unternehmens „Scheibenwischer“. Gleichzeitig legten  Urban Priol und Georg Schramm beim ZDF mit „Neues aus der Anstalt“   einen furiosen Start  hin und eroberten damit schon bald beachtliche Quoten, die zu Lasten des Scheibenwischers gingen.

 

Mathias Richling, der nun im Wesentlichen nur noch den  früher hie und da auftretenden, begrenzt genialen    Frank Lüdecke um sich wusste,  beschloss daraufhin, den „Scheibenwischer“ künftig mehr der comedy zu öffnen, worauf Dieter Hildebrandt  ihm prompt untersagte, dafür den Namen „Scheibenwischer“ zu führen.  Das Echo darauf in den Medien war  verhalten. War das Urgestein Hildebrandt von allen guten Geistern verlassen?  Brach da etwa Altersstarrsinn hervor? Richling bezeichnete die Sendung daraufhin kurzerhand als „Satire Gipfel“, dessen erste  Ausgabe  am letzten  19. März über die Bildschirme flimmerte.  

 

Was Richling und Lüdecke, verstärkt durch den unseligen SAT 1-Wochenshow-Ingolf Lück, den Franken Philipp Weber und den Österreicher Matthias Seling, vorführten, war,  gemessen an den Themen   (Obama,  Boni der Manager, Winnenden, Abwackprämie),  zwar Kabarett, aber es war überwiegend grottenschlecht. Flache, bei näherem Hinsehen nichts sagende  Pointen jagten einander, kaum etwas gelangte  über bestenfalls  spaßige Gedankenakrobatik hinaus. Auch Richlings Texte waren wenig überzeugend. Seine  abschließende Parodie auf den neuen Wirtschaftsminister von Guttenberg zehrte primär von dem   allgemeinen Wiedererkennungswert  der  Marke „Richling-Parodie“. Richlings „Satire Gipfel“ erhob sich  also kaum über den Meeresspiegel.  Er erinnerte  tatsächlich an die comedy, die ja auch nicht per se auf  Politisches verzichtet, sich dabei allerdings regelmäßig auf Plattes, Vordergründiges, also auf  äußerst leichte Kost,  beschränkt.

 

Hildebrandts Befürchtung war nach allem gerechtfertigt. Ob er auf das von ihm verhängte Verbot dennoch gelassen hätte verzichten sollen, ist eine andere Frage. Auch die „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“ ist ja schon lange nicht mehr, was sie einmal war.  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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