Die Kohlendioxid-Ausscheidungen im Kraftfahrzeugverkehr nehmen ständig zu. Daher wäre es angesichts der drängenden Klimaprobleme ein Gebot der Vernunft, die zulässige Geschwindigkeit auf den deutschen Autobahnen nunmehr generell auf 130 km/h zu beschränken und den Personen- und Güterverkehr vermehrt von den Straßen auf die Bahn zu verlagern, auch und gerade in strukturschwachen ländlichen Gebieten, um unter anderem die große Zahl der Auto-Pendler substantiell zu reduzieren. Die Erschließung solcher Gebiete „rechnet“ sich aber nicht, weshalb die Bahn – wie andere Einrichtungen der Daseinsvorsorge, beispielsweise Altersheime – für die Privatisierung seit jeher schlicht ungeeignet ist.
Im Widerspruch dazu haben die Freien Demokraten in den derzeitigen Koalitionsverhandlungen dafür gesorgt, dass auf den Autobahnen weiterhin nach Belieben schnell gefahren werden kann, und sie wollen – als gäbe es das schlechte Beispiel der Großen Briten nicht – den Bahnbetrieb und das Schienennetz voneinander trennen und Privaten verstärkt den Betrieb von Zügen ermöglichen. Auch das Verbot von Inlandsflügen und offenbar der Entfall des Dieselprivilegs sind vom Tisch. Nun war von Olaf Scholz in Sachen Klima von Anfang an wenig zu erwarten, mehr aber schon von den Grünen, zumal sie von der SPD und der FDP zum Regieren bekanntlich gebraucht werden. Sie aber verraten wenig geniert ihre Erkenntnisse und Grundsätze, auch das Scheitern der Koalitionsverhandlungen ist für sie sichtlich keine ernsthafte Option. Aus alledem ist die große Verhandlungsmacht der kleinen FDP erwachsen.
Das Ergebnis: Wie die noch geschäftsführende Große Koalition schrecken die zukünftigen Koalitionäre uneinsichtig und/oder feige vor allen schmerzhaften Eingriffen – auch in die vom Mainstream noch immer unangefochtene Doktrin vom ewigen Wachstum – zurück, ohne die eine Klimawende aber nun einmal nicht möglich ist. Anders formuliert: Statt die klimaschädliche Angebotsseite mutig politisch einzuschränken, schieben sie den Angebotsempfängern, also den Konsumenten, die Verantwortung für klimagerechtes Verhalten zu – trotz Wolfgang Schäubles kürzlicher Mahnung an die Politiker, auch Unbequemes zu tun. Die einzelnen Konsumenten, deren Verhalten naturgemäß allzu kleinteilig ist, wollen, werden und können die großen Probleme aber nicht lösen; dies ist vielmehr ureigene Aufgabe der Politik. Nicht anders verhält es sich unverändert hinsichtlich der in vieler Hinsicht schädlichen, aufgeblähten inländischen Fleischproduktion; auch insoweit sollen es ja vor allem die Verbraucher richten.
So wird es in Deutschland, bekanntlich einem der wesentlichen Verursacher der Klimakatastrophe, mit Sicherheit zu keiner noch halbwegs rechtzeitigen Wende kommen. Nimmt man die spärlichen Ergebnisse der Klimakonferenz in Glasgow, die unveränderte Bevölkerungsexplosion in Afrika und die unverminderte Abholzung der Regenwälder in Südamerika und Indonesien hinzu, möchte man an der Gattung Mensch wieder einmal schier verzweifeln. Da winken als Auswege schwarzer Humor und „carpe diem“. Unseren Kindern und Enkeln werden diese Krücken allerdings nicht weiterhelfen, auch nicht den vielen Millionen von Menschen, die bereits jetzt unter dem Klimawandel leiden.