Ob ZEIT, ob Süddeutsche Zeitung, ob Fernsehzeitschriften – sie alle bieten in jeder Ausgabe zumindest ein Kreuzworträtsel an. Und Leser, die gerade nichts Besseres zu tun haben, machen sich brav an die Lösung desselben. Seltsamerweise gehören dazu vor allem jene, deren Geburtsdatum so viele Jahrzehnte zurückliegt, dass ihnen das einmal erworbene Wortgut großenteils wieder abhandengekommen ist; Vieles vegetiert in düsteren Gehirnwindungen dahin und erblickt nur noch selten – und dann wie die deutsche Bahn gern mit einiger Verspätung – das Tageslicht, bevor es sogleich wieder ins Dunkle entgleitet.
Aber auch Jüngere haben nicht alle Zuflüsse zum Rhein, eine Stadt an der Yvonne oder ähnlich Entlegenes jederzeit abrufbar in ihrem Haupt gespeichert, weshalb das Kreuzworträtsel früher gelegentlich Anlass wundersamer Wortschöpfungen war, Ephraim Kishon hat es in seinem 1961 veröffentlichten Werk „Drehen Sie sich um, Frau Lot!“ lustvoll geschildert. Heutzutage gebietet das Internet allerdings der Phantasie auch insoweit Einhalt, offerieren Suchmaschinen wie google doch verführerische Hilfen bei der Ermittlung des jeweils gesuchten Begriffs.
Allerdings verfügt nicht jede(r) Bejahrte über einen Zugang zum world wide web oder die Fähigkeit zu dessen Nutzung, geschweige denn die Neigung, Lösungsworte mit fremder Hilfe herbeizuschaffen oder gar zu erfinden. Zu denen, die sich den rätseligen Anforderungen schonungslos stellen, gehörte Berta Federlein aus Sigmaringen (siehe „Aus der Redaktion: Leserbriefe“ vom 20. Mai 2022 im Kaleidoskop); immer wieder aufs Neue lieferte sie sich tapfer dem Scheitern an der Kreuzinschrift Christi aus, wenn diese in vier Buchstaben senkrecht gefragt war.
Leider ist Frau Federlein vor einigen Tagen völlig unerwartet an einem Buchstabengerinsel gestorben, nachdem sie, inmitten heilloser Verwirrung ob der drohenden Energiekrise, die Quelle eines sibirischen Stroms allzu hartnäckig in der Steckdose verortet hatte. Dankenswerterweise übersandte uns ihre Tochter Beate den oben abgelichteten Entwurf eines Grabsteins, der senkrecht vier Buchstaben vorsieht und so das Drama des Lebens ihrer geliebten Erzeugerin spiegelt. Zugleich wird es aber jedem Besucher des Grabes überlassen, das Rätsel nach eigenem Gutdünken fern jeder Kreuzinschrift zu lösen – eine tröstliche Geste. Wir werden Berta Federlein ein ehrenvolles Angedenken bewahren.