Die Bundesregierung verkündet hehre Klimaziele, ohne Handfestes zu deren Erreichung bekannt zu geben und zu veranlassen. Die Wirtschaft will es wie gewohnt ohne politische Vorgaben selbst irgendwie richten, selbstredend aber mit staatlicher Unterstützung. Die Grünen erwägen, Kurzstreckenflüge zu verbieten. Alle politischen Parteien starren auf die Bahn, die den Autoverkehr mit Verbrennern teilweise ersetzen soll. Sie blicken in einen Abgrund.
Der Selbstversuch des Autors dieser Zeilen, für eine Reise vom Norden Deutschlands (Malente) nach München und zurück klimaschonend das Auto stehen zu lassen und die Bahn in Anspruch zu nehmen, offenbarte, dass dieses Staatsunternehmen sich würdig in die weithin unfähige, in ausufernden Vorgängen und Akten erstickte deutsche Bürokratie einreiht. War die Hinreise „nur“ durch eine saftige Verspätung aufgrund einer „Baustelle“ und der Übernahme von Fahrgästen eines anderen, gescheiterten Zugs gekennzeichnet, so erwies sich die Rückreise als ein einziges Fiasko.
Der von den Reisenden bereits bestiegene ICE 504 fuhr wegen einer „Störung“ nach mehreren Mitteilungen unter anderem der „DB Reisebegleitung“ (per e-mail) über zunehmende Verspätungen des Reisebeginns nach rund einer Stunde schließlich endgültig nicht ab. Bei der Empfehlung einer Alternative blieb ein geeigneter ICE unerwähnt, der weit früher abfuhr als der empfohlene Zug. Dieser wiederum erreichte München seinerseits mit großer Verspätung und fuhr überdies auf einem anderen Gleis als genannt ein und ab. In diesem Zug war die Platzreservierung für den ICE 504 naturgemäß hinfällig, was einige Sitzwechsel erforderlich machte. Obwohl der ICE in der 2. Klasse überbelegt war, okkupierten vier Bahnangestellte einen ganzen Wagen nur für sich. In einer Toilette der 1. Klasse schwamm der Dreck…
Mehrere Bitten nach der Abfahrt um Auskunft über die sich nun ergebenden Anschlusszüge von Hamburg nach Lübeck und von dort weiter nach Malente veranlassten den Zugbegleiter nur zu einem resignierten Lachen, verbunden mit der Bemerkung, bis zum Erreichen von Hamburg könne ja noch soo viel geschehen; erst bei Hannover war er bereit, Anschlusszüge zu benennen und auf einen kleinen Zettel auszudrucken. Darauf stand unter anderem, der Regionalzug von Lübeck nach Malente fahre auf Gleis 4 ab. Die Anzeige auf dem entsprechenden Lübecker Bahnsteig verhieß dies auch tatsächlich. Erst wenige Minuten vor der Abfahrt ertönte eine Lautsprecheransage, wonach der Zug auf Gleis 8 abfahre.
Dazu muss man wissen, dass die Bahnsteige in Lübeck nur über Treppen mit zahlreichen steilen Stufen erreichbar sind (und verlassen werden können), und es selbstverständlich keinerlei Rolltreppen oder Ähnliches gibt. Der Zug wurde trotz eines schweren Koffers in letzter Minute erreicht, der nächste wäre erst mehr als 4 Stunden später abgefahren. Insgesamt ergab sich eine Verspätung von rund 90 Minuten…
Andere, die Bahn häufig nutzende Fahrgäste teilten mit, die geschilderten Vorkommnisse seien täglich Brot; nur erfahrene Stoiker seien für die Nutzung der Bahn geeignet. Deren Behauptung, mittlerweile seien 80 % der Züge pünktlich, ist nach allem offensichtlich bestenfalls ein schlechter Scherz. Für Zwecke des Klimaschutzes ist dieses Transportmittel in seinem chaotischen Zustand schlicht ungeeignet. Was tun die hoch bezahlten Manager der Deutschen Bahn seit Jahrzehnten?