Wir alle tragen einen Rucksack mit uns, den wohlmeinende (und andere) Erwachsene in unserer Kindheit mit schweren Steinbrocken gefüllt haben. Männliche Leistungsanforderungen gehören ebenso dazu wie weibliche Reinheitsgebote und -kontrollen. Nie werde ich vergessen, mit welcher unnachgiebigen Strenge eine vornehme Nachbarin, deren Haus ich als Knabe aufgesucht hatte, um mit ihrem Sohn zu spielen, mich nach meinem Aufenthalt in der Toilette fragte, ob ich mir denn auch die Hände gewaschen habe – was ich peinlicherweise nicht getan hatte. Nie habe ich es später gewagt, eine Toilette ungewaschen zu verlassen.
Angesichts einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Colorado könnte nun immerhin eine Last von uns Männern genommen sein. Danach befinden sich auf den Handflächen von Frauen deutlich mehr Bakterien als auf denen von Männern, was möglicherweise damit zu tun hat, dass Frauen mit allerlei kosmetischen Produkten umzugehen pflegen und bei dem Versuch, davon auch ihre Männer zu überzeugen („Nun schmier Dich endlich mal häufiger ein, Deine Haut trocknet ja völlig aus!“), zum Glück regelmäßig scheitern.
Überdies hat das Händereinigen nach den Feststellungen der Forscher nicht einmal Einfluss auf die Menge und Vielfalt der Bakterienkolonien: Nach wenigen Stunden tobten sie wieder vollzählig & ausgelassen auf den Händen der Versuchspersonen herum! Da fragt es sich, mit welchem Recht die längst verblichene Nachbarin, diese verantwortungslose, chronische Bakterienschleuder, ein unschuldiges Toilettenkind damals so schwer beladen konnte.
Dennoch kann ich mir einen Aufenthalt auf dem gewissen Örtchen ohne anschließendes Händewaschen noch immer kaum vorstellen. Es ist eben schwer, den Rucksack von sich zu werfen, nach Auffassung vieler Psychologen sogar unmöglich. Trösten wir uns. Mit einer gehörigen Portion Gelassenheit lässt es sich auch mit ihm trefflich leben.
Auch sollte das in seiner gesamthaften Bedeutung ohnehin bedrohte Männergeschlecht nun gegenüber der Weiblichkeit nicht auch noch einen Bakterienneid entwickeln: Bisher ist es dem Manne bei statistischer Betrachtung ungeachtet der Bakterienlage wesentlich besser als der Frau gelungen, sich die Hände schmutzig zu machen. Nicht jeder hat eine Lady Macbeth daheim.