Männerdämmerung

4. September 2008 | Von | Kategorie: Mikroskop

Walter Hollstein, Gutachter des Europarates für Männer und Geschlechterfragen, hat ein Buch geschrieben. Wie angesichts des Titels „Was vom Manne übrig blieb“ nicht anders zu erwarten, bescheinigt es der Krone der Schöpfung einen erheblichen Identitätsverlust.

Es ist ja nicht neu: Mädchen sind in der Schule besser als Jungens, die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen untergräbt das Ansehen des die ganze Familie ernährenden Helden, und die ach so vitalen Männer haben in der Welt schon derart viel Unfug angerichtet, dass das spezifisch Männliche gründlich in Misskredit geraten ist. Es ist eine Frage der Zeit, bis auch die Festungen der männlichen Dominanz in den Führungsetagen der Wirtschaft und der politischen Parteien geschliffen werden. Ohnehin wird dem Manne nachgesagt, er könne – anders als die Frau – stets nur eines gleichzeitig, zuhören allerdings überhaupt nicht: Nach einem Abend in Gesellschaft sei die Frau bestens über das Leben und die Probleme der anderen informiert, während der Mann kaum mehr als nichts aufgenommen habe.  Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass männliche Leistungsunfähigkeit beim Sex nach Lage der Dinge nun einmal deutlicher auffällt als bei der Partnerin. Und am Ende werden Frauen bekanntlich wesentlich älter als Männer – eine späte Bestätigung männlichen Unwertes.

Auch die Versuche des Mannes, weibliche Domänen zu erobern, haben ihre Tücken. Wer sich bereit findet, freudig Geschirr abzuspülen, Wäsche zu waschen, zu bügeln und mit dem Nachwuchs am Sandkasten zu sitzen, hat sich die Gefahr eingehandelt, fürderhin von der Partnerin als unattraktiv abgelehnt zu werden. Frauen bevorzugen im Bett nun einmal regelmäßig den besonders virilen Typ, zu dem eine Küchenschürze nicht recht passen will.

In Sachen Bett aber droht der ohnehin verunsicherten Männerwelt noch ein weiteres Übel: Nach einer aktuellen Umfrage nimmt jede fünfte Hundehalterin ihren Hund gern mit in dasselbe! Die Süddeutsche Zeitung befragte daraufhin einen Tierpsychologen, ob dies für das Tier (!) gut sei. Der meinte dazu, der Mensch ersetze dem Hund das Rudel, weshalb die nächtliche Trennung vom Menschen dem Hund nicht gefalle. Deshalb könne der Hund durchaus im Bett schlafen, wenn er „gepflegt“ sei und kein aggressives Verhalten zeige, also zum Beispiel „den Partner nicht rein“ lasse.

Gern stellen wir elegant verschiedene Fragen hintan, welche diese Auskunft provoziert, unter anderem die, ob zum Bilde eines gepflegten Betthundes geputzte Zähne gehören. In jedem Fall bleibt die beruhigende Tatsache, dass der Tierpsychologe sich hier klar zugunsten des Mannes entschieden hat. Der letztere darf nach seiner Ansicht eindeutig primär rein. Ob eine Tierpsychologin  sich ebenso entschieden hätte, bleibt allerdings offen.

Wie dem auch sei: Bevor der Mann ins Bett darf, muss zunächst einmal der Hund heraus. Es ist unübersehbar, dass die Lebensumstände des Mannes sich ähnlich wie die Verhältnisse beim  modernen Fußball – auch eine ehemalige Männerdomäne – entwickeln: Die Räume werden immer enger.

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