Der Politik ins Stammbuch

11. Februar 2021 | Von | Kategorie: Mikroskop

Der Erfolg der Lobbytätigkeiten in der repräsentativen Demokratie lässt sich nicht durch bloße Transparenz, sondern nur durch gesteigertes Pflichtbewusstsein der Volksvertreter (einschließlich der nicht unmittelbar vom Volk bestimmten Exekutive) eindämmen. Der Vorschlag Schäubles, Bürgerräte zu installieren, ist nicht mehr als die Ablenkung vom Wesentlichen, ein Offenbarungseid.

Entfernt  sich das Handeln oder Unterlassen Gewählter allzu weit von den berechtigten Interessen der großen Mehrheit ihrer Wähler, führt dies mit Sicherheit zum Erfolg  populistischer, ultrarechter Parteien. Die einzig wirksame Strategie dagegen liegt in der Herstellung sozialer Gerechtigkeit, die der Ungleichheit vernünftige Grenzen setzt und auch denen ein würdiges Leben ermöglicht, die weniger begünstigt oder stark sind oder in der gierigen Konkurrenz der Menschen untereinander keinen Sinn sehen, aber zum Gemeinwohl beitragen. Die danach verbleibenden extremen Rechten werden eine kleine Minderheit darstellen, zumal würdige Lebensumstände viel von der die Anerkennung mit sich bringen, die heute vielen fehlt (Sandel, Fukuyama).

Die Stützung autoritärer Personen, Parteien oder Regimes ist unter keinen Umständen klug (auch nicht zum Zweck eigener, kurzfristiger wirtschaftlicher Vorteile). Jede Hoffnung, sie in zivilisiertes, humanes Vorgehen einbinden zu können, ist illusorisch, und jedes auf solcher Hoffnung basierende Tun stärkt sie nur.

Die Grundlage: „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht  garantieren kann“ (Ernst-Wolfgang von Böckenförde). Diese bestehen in Tugenden der Bürger (auch der Politiker), die wiederum Anlage, vernünftige Einsicht und Übung voraussetzen (so schon Aristoteles, Politik, 1332, 1337). Zu dieser Einsicht gehört die Erkenntnis der sozialen Abhängigkeit der Menschen voneinander und des glückspendenden Miteinanders, auch im Verhältnis zu den Tieren, Pflanzen und generell zu Mutter Erde.

Übrigens: Sprüche wie „Wir sehen die Entwicklung mit großer Sorge und werden das Weitere (sehr) aufmerksam beobachten“, sind als zuverlässige Ankündigung fortgesetzten Nichtstuns wenig beeindruckend.

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