Die FDP im Bremserhaus

11. Februar 2023 | Von | Kategorie: Mikroskop

Bei der Bundestagswahl 2021 erzielten die SPD 25,7%, Bündnis90 / Die Grünen 14,8% und die FDP 11,5% der abgegebenen Stimmen. Die Linke stürzte auf  4,9% ab  und kam knapp über 3 Direktmandate in den Bundestag. Olaf Scholz, der die Große Koalition nicht fortsetzen wollte,  konnte nur unter Heranziehung der Freien Demokraten regieren, die wie in früheren Zeiten wieder zum Königsmacher wurden.

Die FDP nutzte ihre Machtposition gründlich aus: Drei heute wichtige Ministerien, Finanzen (Christian Lindner), Verkehr (Volker Wissing) und Justiz (Marco Buschmann), gingen an  sie. Daran wäre nichts auszusetzen, wenn die Herrschaften  die Zeichen der Zeit erkannt hätten und den vieljährigen Merkel´schen Stillstand entschlossen beenden würden; davon aber sind sie weit entfernt. Die drei glor-reichen Minister blockieren vielmehr systematisch den dringend erforderlichen Wandel im Sozialen,  im Klimaschutz und im Ressourcenverbrauch.   

Lindner sperrt sich trotz der bereits allzu weit geöffneten sozialen Schere zwischen der Mehrheit des Volkes und den wenigen Ultrareichen gegen jedwede Steuererhöhung, selbst soweit die derzeitige Besteuerung allzu niedrig, sogar grotesk ungerecht ist. Überdies will er die Renten durch Investitionen in den Aktienmarkt sichern, später auch im Wege des Einsatzes von Beitragszahlungen – als ob unbegrenztes weiteres Wirtschaftswachstum trotz des damit verbundenen erhöhten  Ressourcenverbrauchs und der Klimakrise noch  möglich wäre, also derartige Investitionen langfristig erfolgversprechend sein könnten.  Wissing blockiert alles, was im Verkehrssektor zu einer Verminderung des CO2-Ausstoßes führen könnte, auch die längst überfällige Einführung einer Höchstgeschwindigkeit auf den deutschen Autobahnen, die er sogar erweitern will. Buschmann schließlich verhindert jedwede gesetzliche Maßnahme gegen die – auch aus den vielen Indexmieten folgenden –  anhaltenden Mietsteigerungen.

Seitdem die Liberalen mit ihren Kieler Thesen aus dem Jahr 1977  ihr früheres auch soziales Denken (Freiburger Thesen)  abgeworfen  haben und sich ausschließlich  wirtschaftsliberal gebärden,  taumeln sie seelenlos von einer schweren  Krise in die nächste. Nach dem schnöden  Bruch mit der SPD 1982 regierte die FDP  im Bund  bis zum Jahr 2021 nur noch  mit der CDU/CSU, was ihr jedoch nicht gut bekam:  Im Jahr 1998 erzielte sie bei der Bundestagswahl nur noch 6,4 % der Stimmen, und  nach der 2009 erneuerten Koalition mit der CDU/CSU flog sie 2013 sogar aus dem Bundestag.  Nun ist sie Teil der Ampel, erlebt wieder einmal verheerende Ergebnisse bei Landtagswahlen und agiert in dem Bemühen, die  großen Wirtschaftsunternehmen und die Reichen  auf ihre Seite zu ziehen – neuerdings sogar gegen die CDU/CSU stänkernd –   panisch  als Bremser des  Fortschritts.

Das Bremserhaus war ein Arbeitsplatz am Ende eines Eisenbahnwagens, an dem sich eine manuell bedienbare Bremse befand. Es wurde mit Einführung der Druckluftbremse nach und nach abgeschafft. Druckluft existiert heutzutage sozial und ökologisch reichlich, die rückwärtsgewandte FDP nimmt sie in ihrer Egomanie nur nicht zur Kenntnis. Da der Bundeskanzler dazu sichtlich nicht willens ist, sollte sie für ihre unverantwortliche Haltung von den Wählern gründlich abgestraft werden.   

P.S.: Wie die Süddeutsche Zeitung am 14.März berichtet, blockiert die FDP in der Bundesregierung auch eine von der SPD und den Grünen befürwortete Erhöhung des Mindestsatzes bei der Gewerbesteuer auf 300 Punkte, die den Manipulationen in und von Gemeinden wie Grünwald, Monheim am Rhein und Zossen (Brandenburg) ein Ende setzen würde. Dies, obwohl ein solcher Mindestsatz den Kommunen noch immer reichlich Raum für Wettbewerb untereinander bei der Gewerbesteuer lassen würde…..

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