Postmoderne Ökonomie

4. Mai 2022 | Von | Kategorie: Mikroskop

Die stets emsige Wirtschaft ersinnt seit jeher andauernd innovative  Produktlinien.  Dem analogen Bereich zuzuordnen war noch die gleichzeitige Produktion der abzusetzenden Ware und  deren Abnehmer durch Werbung in Zeitungsinseraten oder Ähnlichem.  Inzwischen stoßen die Produzenten  jedoch zunehmend in virtuelle Welten vor.

Vor einigen Jahren wurde als selbständiges, virtuelles Wirtschaftsgut der Preisnachlass eingeführt, der keinen Erwerb eines darüber hinausgehenden Gegenstands mehr beinhaltet. Einer der  Verkaufsschlager war und ist dabei  der – eine breite Schicht von Sparfüchsen ansprechende – für 10%  angebotene Rabatt von 25% bei freier Wahl der Bezugsgröße durch den Käufer, jedoch einem fiktiven Mindestkaufpreis von 100 Euro.

Die Tendenz, vom eigentlichen Produkt abzusehen, schreitet unaufhaltsam fort. Wie Ernst-Wilhelm Händler uns in seinem soeben erschienen Buch „Die Produktion von Gesellschaft“ (S. Fischer Verlag, 288 Seiten, 25 Euro) wissen lässt, steht unter dem Einfluss des Finanzkapitals am Ende der Entwicklung die absolute, souveräne und handlungsmächtige Produktion, die vor allem Produktion produziert. Was produziert wird, spielt also keine Rolle mehr.

Hierin liegt ein wunderbarer Gedanke, der nur leider ein wenig übertreibt, ist und bleibt es doch ganz und gar nicht  gleichgültig, ob Produkte wie Wohnungen, Lebensmittel, Kleidung und Bücher hergestellt werden, die der Mensch für ein vernünftiges Leben braucht, und ob die Finanzwirtschaft Produkte wie Derivate anbietet, die für niemanden außer ihr selbst nützlich sind.

P.S.: Sollte dem geneigten Leser der Inhalt des obigen zweiten Absatzes fragwürdig erscheinen, sei er auf die Rubrik „Über die Nachtgazette“ verwiesen. Der Autor dieser Zeilen hat Derartiges schon einmal in der Süddeutschen Zeitung verbreitet.      

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